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Bilder als Denkräume

Anna Fliri

Das zentrale Thema in Helmut P. Ortners Werk ist der Dialog zwischen Text und Bild. In seinen Arbeiten verdichtet er Gedankensplitter – gezeichnet, gemalt, geschrieben – zu rätselhaften Botschaften und spielt hintergründig-humorvoll mit der Dynamik von Form und Inhalt in der Kombination von Schrift und Bild. 

 

Für eine magische Laterne ist diese ganze Welt zu halten,

in welcher wir voll Schwindel leben;

Die Sonne hängt darin als Lampe; die Bilder aber und Gestalten

sind wir, die dran vorüberschweben.

- Omar Chayyām

 

Es beginnt auf der blanken Haut des Papiers. Immer wenn Helmut P. Ortner ein leeres Blatt aus dem Block entnimmt, bedeutet es den Anfang einer Geschichte. In Schriftbildern zeigt er seine Beobachtungen, Fragen, Ideen, Träume oder Ängste. Das Papier ist die Ablage seines Denkens; auf ihm kann er zurückblicken, gegenwärtig sein und visionieren, wenn er Figuren entwirft, Worte auf der Schreibmaschine tippt oder per Hand mit Stahlfeder schreibt. Text- und Bildkomponenten entstehen synchron, überlagern sich und werden zur narrativen Einheit – die Erzählung entsteht. Die Sprache als Schrift in Wort und Bild legt das Fundament. Sie ist der poetische Forschungsapparat, mit dem der Künstler zur Wahrnehmung der Wirklichkeit experimentiert. Für Ortner liegt die Wahrheit in der Sprache. Sie ist stabil wie flexibel; sie ist einzig und lässt parallel variable Realitätsentwürfe zu. Aber ist es denn wahr, was wir in Ortners Bildern sehen und lesen? Eine Frage, auf die es keine Antwort gibt. Vielleicht wollen wir seinen Bildern glauben, weil sie in uns Begehrlichkeiten wecken. Dann wieder erkennen wir sie als Scherz oder entlarven sie zuweilen gar als Lügen. Ortner erschafft in seinen Werken alternative Sphären innerhalb der Wirklichkeit, in die er uns eintreten lässt. Jede seiner Geschichten endet mit dem letzten Punkt. An diesem gibt der Künstler seine Welt frei und öffnet sie für uns andere.  

In: Quart. Heft für Kultur Tirol, Nr. 41/23, 101.

 

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